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Was wird beim Unternehmensverkauf eigentlich verkauft?

Einleitung

Wer ein Unternehmen verkaufen möchte, bereitet den Transaktionsprozess in der Regel umfassend vor: Die Unternehmensbewertung wurde durchgeführt, die Finanzkennzahlen konsolidiert und alle relevanten Unterlagen zur Transaktionsdokumentation zusammengestellt. Doch eine zentrale juristische und wirtschaftliche Frage stellt sich in nahezu jedem M&A-Prozess: Was genau wird beim Unternehmensverkauf veräußert?

Diese Frage betrifft nicht nur die vertragliche Ausgestaltung der Transaktion, sondern hat erhebliche Auswirkungen auf die Kaufpreisermittlung, den Kapitalbedarf des Erwerbers sowie auf die Strukturierung der Firmenübernahme insgesamt. Die Antwort hierauf liefert die Übernahmebilanz, die den wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion offenlegt.


Begriff und Funktion der Übernahmebilanz

Die Übernahmebilanz – auch als Akquisitionsbilanz bezeichnet – ist eine zum wirtschaftlichen Übergabezeitpunkt erstellte Sonderbilanz, die sämtliche Vermögenswerte (Assets) und Schulden (Liabilities) des Unternehmens umfasst, die im Rahmen der Transaktion Gegenstand der Veräußerung sind.

Diese Bilanz dient insbesondere als Referenzgröße für Kaufpreisadjustierungen im Rahmen sogenannter Closing Accounts oder Locked-Box-Mechanismen. Maßgeblich ist dabei nicht das Datum des Signing (Vertragsunterzeichnung), sondern regelmäßig das sogenannte wirtschaftliche Stichtagsprinzip, z. B. der 1. Januar des laufenden Geschäftsjahres. Die Differenz zwischen wirtschaftlicher Wirkung und rechtlicher Übertragung (Closing Date) kann mehrere Monate betragen und führt regelmäßig zu Kaufpreisanpassungsklauseln.


Erstellung der Übernahmebilanz – Praxis und Besonderheiten

In der Regel wird die Übernahmebilanz auf Basis des letzten geprüften Jahresabschlusses erstellt, wobei häufig auf einen stichtagsbezogenen Zwischenabschluss zurückgegriffen wird. Ziel ist es, ein transparentes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zum Übergabezeitpunkt zu zeichnen. Dabei gilt: Je detaillierter und rechtlich abgesicherter die Übernahmebilanz, desto reibungsloser verlaufen Due-Diligence-Prüfung, Verhandlung und Post-Merger-Integration.

Im folgenden Abschnitt analysieren wir die wesentlichen Positionen dieser Bilanz aus Sicht eines Share Deals, bei dem das Unternehmen schuldenfrei und ohne liquide Mittel übertragen wird.


Bilanzposten im Detail – Fachliche Erläuterung

1. Immaterielle Vermögenswerte (Intangible Assets)

Dazu zählen z. B. aktivierte Entwicklungskosten, Markenrechte, Lizenzen oder Know-how. Sie werden bilanziell nur dann anerkannt, wenn sie einen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen versprechen. Vorsicht ist geboten bei nicht werthaltigen Aktivierungen, die lediglich zur Bilanzkosmetik dienten – diese sind zu eliminieren.

2. Sachanlagevermögen (Property, Plant & Equipment)

Hierzu gehören Maschinen, Betriebseinrichtungen oder Fuhrpark. Besondere Aufmerksamkeit gilt überhöht bilanzierten Firmenwagen oder betrieblich nicht veranlasstem Anlagevermögen. Solche Positionen sind zu normalisieren und ggf. aus der Transaktion herauszunehmen. Eine marktgerechte Bewertung ist hier essenziell.

3. Forderungen gegen Gesellschafter oder verbundene Unternehmen

Forderungen gegenüber der Personenholding oder dem Gesellschafter selbst – z. B. aus Kontokorrentverhältnissen – sind vorab durch Verrechnung, Ausschüttung oder Tilgung zu bereinigen, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

4. Umlaufvermögen (Current Assets)

Dazu zählen Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Forderungen. Steuerrechtlich heikel sind Forderungen im Rahmen einer bestehenden Organschaft (z. B. aus abgeführter Körperschaftsteuer an eine Holding). Diese steuerliche Organschaft sollte vor dem Verkauf aufgelöst werden, um nachträgliche Haftungsrisiken zu vermeiden.

5. Liquidität und Anzahlungen

Der Kassenbestand bzw. Bankguthaben werden im Rahmen eines sogenannten Cash-free/Debt-free-Deals häufig exkludiert. Kritisch zu prüfen sind jedoch erhaltene Anzahlungen für noch nicht erbrachte Leistungen (z. B. Vorauszahlungen auf Schulungsprogramme), die wirtschaftlich dem Erwerber zustehen.

6. Verzinsliche Verbindlichkeiten (Interest-bearing Debt)

Diese umfassen Bankdarlehen, Gesellschafterdarlehen, Leasingverträge oder sonstige Kredite. Im Regelfall erfolgt die Firmenübernahme entbunden von verzinslichen Schulden, die vor Closing getilgt oder verrechnet werden. Auch nachrangige Darlehen Dritter (z. B. Mitgesellschafter) sind zu beachten und vertraglich zu regeln.

7. Eigenkapitalquote und Substanzwert

Nach Bereinigung aller Passiva ergibt sich der bilanzielle Reinwert bzw. das übertragene Eigenkapital. Dieser Wert stellt regelmäßig die Grundlage für den Kaufpreisindikator im Rahmen der Unternehmensbewertung dar – ob per Multiplikator-Verfahren, Substanzwertmethode oder Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF).


Relevanz für Käufer und Verkäufer

Die Übernahmebilanz ist das juristische und wirtschaftliche Herzstück jeder Unternehmensnachfolge. Für den Käufer ermöglicht sie die exakte Planung des Kapitalbedarfs und der Investition von Kapital, für den Verkäufer sichert sie die Bewertung seiner Firma und schützt vor nachträglichen Kaufpreisminderungen.

Eine fehlerhafte, unvollständige oder juristisch angreifbare Übernahmebilanz kann den gesamten Verkaufsprozess gefährden oder zu erheblichen Haftungsrisiken führen – insbesondere im Rahmen von Gewährleistungs- und Freistellungsklauseln (Warranties & Indemnities) im Kaufvertrag.


Fazit: Ohne präzise Übernahmebilanz kein erfolgreicher Unternehmensverkauf

Wer ein Unternehmen verkaufen oder eine Firma kaufen möchte, sollte der Übernahmebilanz höchste Aufmerksamkeit widmen. Sie schafft die notwendige Klarheit über den Transaktionsgegenstand, sichert das Vertrauen zwischen den Parteien und ist Voraussetzung für eine professionelle Firmenübernahme.

Verkäufer sind gut beraten, diese Bilanz bereits frühzeitig – im Idealfall vor Beginn der Käufersuche – zu erstellen. Das ermöglicht eine strukturierte Vorbereitung, verbessert die Verhandlungsposition und erhöht die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Käufer.


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