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Absicherung bei einer Betriebsübernahme – Versicherungsrechtliche Risiken richtig managen

Einleitung: Warum Absicherung ein zentraler Bestandteil jeder Unternehmensverkaufsstrategie ist

Im Rahmen eines Unternehmensverkaufs oder einer Betriebsübernahme stehen neben finanziellen, steuerlichen und arbeitsrechtlichen Aspekten insbesondere versicherungsrechtliche Fragestellungen im Fokus. Eine fehlende oder unzureichende Absicherung kann den Transaktionserfolg erheblich gefährden und zu erheblichen finanziellen Risiken für den Erwerber führen. Daher ist es essenziell, die Versicherungsstruktur des Zielunternehmens (Target) im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung umfassend zu analysieren.

Dieser Beitrag liefert praxisorientierte Hinweise zur optimalen Absicherungsstrategie beim Unternehmensverkauf, benennt kritische Policen und zeigt auf, wie sich Unternehmensübernahmen rechtlich und wirtschaftlich absichern lassen.


1. Vor der Übernahme: Versicherungen als Teil der Due Diligence

Wer seine Firma verkaufen möchte, sollte bereits im Vorfeld sicherstellen, dass die betrieblichen Versicherungen aktuell, risikoadäquat und dokumentiert sind. Für Erwerber gilt: Eine umfassende Versicherungs-Due-Diligence ist zwingend notwendig. Diese sollte neben den klassischen Policen auch mögliche Deckungslücken und Run-Off-Risiken berücksichtigen.

In der Praxis zeigt sich häufig, dass Versicherungen beim Share Deal (Übernahme der Gesellschaftsanteile) bestehen bleiben, beim Asset Deal (Übernahme einzelner Vermögenswerte) jedoch neu abgeschlossen werden müssen. Wer einen erfolgreichen Unternehmensverkauf plant, muss daher frühzeitig klären, ob und in welcher Form bestehende Policen übertragbar sind. Die Vertragskontinuität stellt dabei ein entscheidendes Kriterium dar.

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2. WGA-Kaskoversicherung: Relevanz bei grenzüberschreitenden Übernahmen

Die sogenannte WGA-Kaskoversicherung (bezogen auf niederländisches Recht – Werkhervattingsregeling Gedeeltelijk Arbeidsgeschikten) ist für deutsche Erwerber relevant, wenn eine grenzüberschreitende M&A-Transaktion mit einem niederländischen Target geplant ist. Hierbei handelt es sich um eine Versicherung gegen Arbeitgeberhaftung bei Teilerwerbsunfähigkeit von Mitarbeitern.

In der Transaktionspraxis ist zu beachten, dass etwaige Haftungspotenziale aus Altverträgen beim Erwerber verbleiben können, sofern keine ausdrückliche Run-Off-Deckung vereinbart wurde. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen das zu übernehmende Unternehmen als Eigenrisikoträger auftritt und für bestimmte Leistungen eigenverantwortlich einsteht.

Fachlich korrekt ist zu prüfen, ob eine risikoadjustierte Prämie bereits im Kaufpreis eingepreist wurde oder ob ein separater Risikoausgleich vereinbart werden muss. Besteht ein sogenannter WGA-Schaden, so ist dieser – je nach Police – entweder durch das Altunternehmen oder durch den Erwerber zu tragen.


3. Betriebshaftpflichtversicherung: Claims-Made-Prinzip beachten

Die Betriebshaftpflichtversicherung ist für jedes operative Unternehmen essenziell. Doch Vorsicht: Viele Policen unterliegen dem sogenannten Claims-Made-Prinzip, d. h., es besteht nur dann Versicherungsschutz, wenn der Schadensfall während der Laufzeit der Police gemeldet wird – unabhängig vom tatsächlichen Eintritt des Schadensereignisses.

Im Rahmen der Post-Merger-Integration kann es deshalb zu rechtlichen Unsicherheiten kommen, wenn Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, die sich auf Zeiträume vor der Übernahme beziehen. Ohne eine explizite Nachhaftungsregelung oder Run-Off-Versicherung bleibt der Erwerber auf dem Risiko sitzen.

Auch eine vertragliche Freistellung durch den Verkäufer (sog. Indemnity-Klausel) kann hier hilfreich sein – insbesondere im Rahmen des Kaufvertrags (SPA – Share Purchase Agreement). Der Erwerber sollte dies im Vorfeld rechtlich prüfen lassen.


4. Invaliditätsversicherung und Lohnfortzahlungsrisiken: Ein unterschätztes Haftungspotenzial

Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitsversicherung der Mitarbeitenden. Diese erlischt im Regelfall mit dem Wechsel des Arbeitgebers. Im Rahmen einer Betriebsübernahme – insbesondere bei einem Asset Deal – gelten sämtliche Arbeitsverhältnisse als neu begründet (§ 613a BGB findet keine Anwendung im Ausland).

Der neue Arbeitgeber haftet ab dem Zeitpunkt der Übernahme für sämtliche arbeitsrechtlichen Verpflichtungen – einschließlich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Gerade bei bekannten Fällen von Langzeiterkrankungen (Stichwort: sick leave) kann dies zu massiven Belastungen führen, wenn keine geeigneten Rückstellungen gebildet wurden.

Wichtig: Eine neue Berufsunfähigkeitsversicherung kann erkrankte Mitarbeitende nicht nachträglich versichern. Das M&A-Risikoprofil muss daher diese potenziellen Kosten antizipieren.


Fazit: Versicherungsrechtliche Aspekte frühzeitig in den Transaktionsprozess integrieren

Ein erfolgreicher Unternehmensverkauf basiert nicht nur auf der Bewertung des Unternehmenswerts oder dem optimalen Deal-Closing, sondern auch auf einer durchdachten Risikotransferstrategie. Käufer und Verkäufer sind gut beraten, die versicherungsrechtlichen Fragen frühzeitig und umfassend zu analysieren und vertraglich abzusichern.

Wer seine Firma verkaufen möchte, sollte alle relevanten Policen vollständig dokumentieren und idealerweise in ein Versicherungsverzeichnis überführen. Für Käufer wiederum gilt: Eine juristisch fundierte Versicherungs-Due-Diligence ist Pflicht, um Haftungsrisiken zu vermeiden und den Transaktionserfolg nachhaltig abzusichern.

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