
Webshop gründen oder übernehmen? Die strategische Make-or-Buy-Entscheidung im E-Commerce
Einleitung
Die Entscheidung, ob man ein E-Commerce-Unternehmen durch Neugründung etabliert oder im Rahmen einer Firmenübernahme einen bestehenden Webshop akquiriert, zählt zu den strategisch bedeutsamsten Fragestellungen im digitalen Mittelstand. Während in der Frühphase des Onlinehandels der Aufbau eigener Strukturen alternativlos erschien, hat sich der Markt deutlich professionalisiert. Heute stehen potenziellen Unternehmern zahlreiche Optionen offen – insbesondere durch die Möglichkeit, ein operativ erfolgreiches Unternehmen zu kaufen, das bereits am Markt etabliert ist.
Dieser Beitrag analysiert anhand einer fundierten Fallstudie die ökonomischen, strategischen und juristischen Parameter der klassischen „Make-or-Buy“-Entscheidung im Kontext der Geschäftsübernahme eines Onlineunternehmens. Dabei fließen praxisnahe Erkenntnisse aus den Bereichen Unternehmensbewertung, Investitionsstrategie, Kapitalallokation und Unternehmensnachfolge ein.
1. Strategische Ausgangslage: Marktumfeld und Optionen
Der deutsche E-Commerce-Sektor hat sich in den letzten Jahren zu einem gesättigten Markt mit hoher Wettbewerbsintensität entwickelt. Neue Marktteilnehmer sehen sich steigenden Anforderungen hinsichtlich Sichtbarkeit, Performance Marketing, Customer Experience und Logistik gegenüber. Gleichzeitig existieren zahlreiche übertragbare Unternehmen, die im Rahmen eines strukturierten Asset- oder Share Deals erworben werden können. Die Transaktionssicherheit, das eingespielte Geschäftsmodell und ein bestehender Kundenstamm machen die Akquisition eines Webshops für viele Gründer zur attraktiven Alternative zur organischen Unternehmensgründung.
2. Fallstudie: Kostenstruktur und Opportunitätskosten im Vergleich
Ausgangsparameter
Unsere Modellrechnung vergleicht zwei Szenarien:
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Szenario A: Ein Gründer baut seinen Webshop eigenständig auf (Make)
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Szenario B: Ein Käufer erwirbt einen etablierten Webshop (Buy)
Zielgröße in beiden Fällen ist ein monatlicher Umsatz von 24.000 €, erreichbar innerhalb von zwei Jahren. In beiden Szenarien werden dieselben operativen Rahmenbedingungen angenommen.
Investition von Kapital
Beim Aufbau eines individualisierten Webshops auf Magento-Basis entstehen Initialkosten in Höhe von etwa 15.000 €. Hinzu treten laufende Ausgaben für Customer Acquisition über bezahlte Kanäle wie Google Ads. Der Gründer muss im Verlauf der ersten zwei Jahre rund 19.000 € mehr an Werbebudget investieren, um dieselbe Reichweite und Conversion Rate wie das Vergleichsunternehmen zu erzielen.
Darüber hinaus erzielt der Gründer im selben Zeitraum einen kumulierten Umsatz von 300.000 €, während der übernommene Webshop durchgehend 576.000 € umsetzt. Das entspricht einem entgangenen Umsatzvolumen von 276.000 € und einer entgangenen operativen Marge (bei 8 %) von 22.080 €.
Rohertrags- und Einkaufsmarge
Ein bestehendes Unternehmen profitiert häufig von Mengenvorteilen und Lieferantenkonditionen, die dem Gründer nicht unmittelbar zur Verfügung stehen. Bei linear wachsender Rabattstaffel bis zu einem Zielrabatt von 24 % ergibt sich ein zusätzlicher Margenverlust von rund 12.650 €, bezogen auf eine durchschnittliche Rohertragsmarge von 45 %.
3. Implizites Know-how und Transaktionsmehrwert
Ein übernommenes E-Commerce-Unternehmen enthält implizites Unternehmenswissen, das sich nicht unmittelbar in der Bilanz abbildet – beispielsweise in Form von optimierten Prozessen, performanten Produktsortimenten und datenbasierten Marketingstrategien. Diesen Transaktionsmehrwert kann ein Gründer nur durch kostspielige Trial-and-Error-Verfahren imitieren. Die Differenz in der Conversion Rate (von 1 % auf 2 % in zwei Jahren) führt zu zusätzlichen Ausgaben von rund 21.950 € im Bereich Paid Traffic.
4. Juristische und finanzielle Risikostruktur
Insolvenzrisiko und Bestandskraft
Empirische Erhebungen (u. a. durch Prof. Dr. Lex van Teeffelen) belegen: 90 % der übernommenen Unternehmen sind fünf Jahre nach der Transaktion noch am Markt aktiv. Dagegen überleben nur rund 50 % der Start-ups denselben Zeitraum. Der Risikoindikator für Start-ups ist somit signifikant höher.
Kaufpreis, Finanzierung und Bilanzwirkung
Für ein Unternehmen mit einem Monatsgewinn von 1.920 € ergibt sich bei einem Multiplikator von 2,6 ein indikativer Unternehmenswert von ca. 60.000 €. Dieser Betrag ist in der Regel durch Eigenkapital, Fremdfinanzierung oder Mezzanine-Kapital zu finanzieren. Neben der Kaufpreiszahlung sind auch Working Capital-Anforderungen, ggf. Warenlagerübernahmen und Transaktionsnebenkosten (Due Diligence, Notar, Steuerberatung) zu kalkulieren.
Eine fundierte Unternehmensbewertung ist hierbei unverzichtbar – sie erfolgt idealerweise nach dem Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF) oder dem Multiplikatorverfahren unter Berücksichtigung der spezifischen Branchenkennzahlen.
5. Ergebnis: Vorteil der Geschäftsübernahme im E-Commerce
Die aggregierten Effekte aus Umsatzdifferenz, Werbebudget, Margenverlust und Know-how führen in unserem Szenario zu einem Gesamtnachteil von ca. 90.680 € für den Gründer im Vergleich zur Geschäftsübernahme. Dieser Betrag spiegelt die wirtschaftliche Effizienz eines Kaufes gegenüber einer Neugründung wider.
6. Fazit: Unternehmen kaufen als strategische Option
Die Reifung des E-Commerce-Marktes ermöglicht es angehenden Unternehmern, mit einem niedrigeren Risiko und ab dem ersten Tag cashflow-positiv zu operieren – vorausgesetzt, sie entscheiden sich für eine gut strukturierte Firmenübernahme. Die Entscheidung für „Make“ oder „Buy“ hängt letztlich von individuellen Präferenzen, Risikobereitschaft, verfügbaren Ressourcen und strategischen Zielen ab.
Doch wer ein Unternehmen kaufen möchte, sollte diese Entscheidung auf Basis einer strukturierten Analyse und fundierten Unternehmensbewertung treffen. Plattformen wie firmenzukaufen.de bieten Käufern und Verkäufern in diesem Prozess eine datengestützte, rechtlich abgesicherte und anonyme Transaktionsumgebung – national und europaweit.