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Betriebsübergaben im Handwerk: Demografie, Bürokratie und fehlende Nachfolge als Haupthemmnisse

Warum Unternehmensnachfolgen im Mittelstand strukturiert geplant und professionell begleitet werden müssen


1. Einleitung: Generationswechsel im Handwerk – eine Herausforderung mit Systemrelevanz

Die Unternehmensnachfolge im Handwerk wird zu einer der zentralen strukturellen Herausforderungen der kommenden Jahre. Während viele Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber in den Ruhestand eintreten, fehlt es an geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern. Wer eine Firma verkaufen möchte, sieht sich mit einem zunehmenden Nachfrage-Rückgang konfrontiert. Gleichzeitig schrecken junge Meisterabsolventinnen und -absolventen oftmals vor einer Geschäftsübernahme zurück – trotz zahlreicher betriebswirtschaftlicher Vorteile.

Die Gründe sind vielfältig: Neben der demografischen Entwicklung stellt insbesondere die Bürokratie ein erhebliches Hemmnis für den Unternehmenskauf dar. Um den Fortbestand dieser Unternehmen zu sichern, müssen bestehende Hürden identifiziert und aktiv abgebaut werden.


2. Marktdaten: Der Nachfolgedruck nimmt drastisch zu

Laut dem Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk (FBH) stehen in den nächsten fünf Jahren rund 125.000 Handwerksbetriebe zur Übertragung an, da deren Inhaberinnen und Inhaber altersbedingt ausscheiden. In einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren wird sogar erwartet, dass 45 Prozent aller Unternehmerinnen und Unternehmer über 50 Jahre ihren Betrieb abgeben werden.

Gleichzeitig zeigt sich in den Absolventenzahlen ein alarmierender Trend: Lediglich etwa ein Drittel der frisch qualifizierten Meisterinnen und Meister erwägt, ein Unternehmen zu kaufen oder sich selbstständig zu machen. Damit droht dem Handwerk ein flächendeckender Verlust von Erfahrung, Know-how und Arbeitsplatzsicherung.


3. Nachfolge innerhalb der Familie: Auslaufmodell oder Ausnahme?

Während früher die interne Nachfolge – also die Betriebsübergabe innerhalb der Familie – der Regelfall war, gelingt dies heute deutlich seltener. Gründe hierfür sind unter anderem:

  • veränderte Lebensentwürfe

  • Mobilität der jüngeren Generation

  • abnehmendes Interesse an unternehmerischer Verantwortung

Daher kommt der externen Firmenübernahme – etwa durch junge Meisterinnen und Meister, branchenerfahrene Führungskräfte oder Investoren – eine zunehmend bedeutendere Rolle zu. Dies erfordert jedoch eine rechtssichere und wirtschaftlich fundierte Transaktionsstrukturierung, die weit über den klassischen Kaufvertrag hinausgeht.


4. Bürokratie als Rückschrittsfaktor bei der Nachfolge

Eine aktuelle Studie des FBH belegt: Mehr als 25 % der Meisterabsolventinnen und -absolventen nennen die Angst vor „bürokratischen Hürden“ als ausschlaggebenden Grund gegen die Selbstständigkeit – obwohl diese ursprünglich das Ziel der Meisterausbildung war.

Die Angst vor komplexen Antragsverfahren, steuerlichen Auflagen, arbeitsrechtlicher Verantwortung und kaufmännischen Pflichten schreckt viele ab, die sich andernfalls eine Geschäftsübernahme vorstellen könnten. Dies betrifft insbesondere die Bereiche:

  • Betriebsanmeldung und Genehmigungsverfahren

  • Finanzierungsstruktur und Kapitalbedarfsplanung

  • Übertragung von Verträgen und Mitarbeitern

  • Bewertung und steuerrechtliche Behandlung von Anlagevermögen


5. Vorteile der Betriebsübernahme gegenüber der Neugründung

Trotz der Herausforderungen bietet die Übernahme eines bestehenden Unternehmens – im Gegensatz zur Neugründung – klare betriebswirtschaftliche Vorteile:

  • bestehende Kundenbeziehungen und Marktzugang

  • vorhandene Betriebsmittel, Ausstattung und Infrastruktur

  • eingespielte Belegschaft mit Branchenkenntnis

  • validierbare historische Kennzahlen für die Unternehmensbewertung

  • niedrigere Markteintrittskosten und höhere Förderfähigkeit

Zudem kann auf Grundlage dieser Faktoren ein realistischer Kaufpreis unter Einsatz bewährter Verfahren wie der Multiplikator-Methode oder einer vereinfachten Ertragswertberechnung ermittelt werden. Dies erleichtert nicht nur die Finanzierung, sondern schafft auch Sicherheit für Käufer und Verkäufer.


6. Hemmnisse in der Praxis: Von Kaufpreisillusionen bis Standortnachteilen

In der Transaktionspraxis sind es häufig folgende Faktoren, die Firmenübernahmen im Handwerk erschweren:

  • unrealistische Preisvorstellungen der Verkäuferseite

  • mangelhafte oder verspätete Nachfolgeplanung

  • rechtlich unzureichend dokumentierte Vertragsverhältnisse

  • geringe Attraktivität des Standorts (z. B. in ländlichen Regionen)

  • fehlende Skalierbarkeit oder digitale Infrastruktur

  • wirtschaftlich unsichere Zukunftsaussichten (z. B. geringe EBIT-Marge)

Ein professionell begleiteter Unternehmensverkauf umfasst daher nicht nur die kaufmännische Übergabe, sondern auch eine juristisch fundierte Prüfung der Vermögensverhältnisse (Legal Due Diligence), der finanziellen Stabilität (Financial Due Diligence) und der steuerlichen Optimierung.


7. Nachfolgebörsen und Fachberatung: Effiziente Brückenbauer im M&A-Prozess

Zur Förderung erfolgreicher Übergaben existieren etablierte Strukturen wie:

  • Nachfolgebörsen (z. B. firmenzukaufen.de)

  • Betriebsberatungsstellen der Handwerkskammern

  • branchenspezifische Fachverbände

  • externe Berater für M&A-Prozesse, Steuerrecht und Finanzierung

Diese bieten Unterstützung in folgenden Bereichen:

  • Diskrete Vermittlung zwischen Käufern und Verkäufern

  • Durchführung professioneller Unternehmensbewertungen

  • Entwicklung individueller Transaktionsmodelle

  • Begleitung bei der Investition von Kapital und der Kapitalbeschaffung

  • Erstellung rechtssicherer Vertragswerke für den Betriebsübergang


8. Fazit: Nachfolge als strukturierter Transformationsprozess

Die Sicherung der Unternehmensnachfolge im Handwerk ist keine kurzfristige Managementaufgabe, sondern ein strategisch zu planender Transformationsprozess. Wer heute ein Unternehmen verkaufen möchte, muss frühzeitig mit der Nachfolgeplanung beginnen, betriebswirtschaftliche und juristische Fragen klären und attraktive Rahmenbedingungen für potenzielle Käufer schaffen.

Gleichzeitig muss jungen Fachkräften der Zugang zur Firma kaufen durch gezielte Entbürokratisierung, Förderprogramme und verlässliche Informationsangebote erleichtert werden. Nur so kann das wirtschaftliche Rückgrat des Mittelstands – insbesondere das Handwerk – auch in Zukunft bestehen.