
Welche Unternehmensbewertung ist die richtige für mein Geschäftsmodell?
DCF, Multiplikator oder Substanzwert? Ein Vergleich der gängigsten Verfahren bei Unternehmensverkauf und Firmenübernahme
1. Einleitung: Der Unternehmenswert als Grundlage jeder Transaktion
Ob Sie ein Unternehmen verkaufen oder ein Unternehmen kaufen möchten – die korrekte Unternehmensbewertung ist der Dreh- und Angelpunkt jeder erfolgreichen Transaktion. Sie beeinflusst nicht nur die Kaufpreisverhandlungen, sondern auch die Finanzierung, Steuerstruktur und das Vertrauen beider Parteien. Doch welches Bewertungsverfahren passt zu welchem Geschäftsmodell?
Die Auswahl des richtigen Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab: Branche, Rechtsform, Vermögensstruktur, Skalierbarkeit, Investitionsintensität – und nicht zuletzt vom Transaktionsziel selbst. Im folgenden Beitrag stellen wir die drei in Deutschland gängigsten Methoden der Unternehmensbewertung vor und zeigen anhand konkreter Anwendungsfälle, wann welche Methode sinnvoll ist.
2. Das Ertragswertverfahren / DCF-Methode – der Blick in die Zukunft
Kurzbeschreibung
Die Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF) basiert auf der Prognose künftiger freier Cashflows. Diese werden mit einem gewichteten Kapitalkostensatz (WACC) auf den heutigen Barwert abgezinst. Der so ermittelte Wert bildet den Enterprise Value (EV) – also den Wert des gesamten Unternehmens vor Berücksichtigung der Kapitalstruktur.
Für welche Geschäftsmodelle geeignet?
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Wachstumsunternehmen mit solider Planung
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Geschäftsmodelle mit stabilen oder skalierbaren Cashflows
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Kapitalintensive Unternehmen mit Investitionsbedarf
Beispiel
Ein IT-Systemhaus mit wiederkehrenden Umsätzen aus Wartungsverträgen und einer klaren Wachstumsstrategie nutzt die DCF-Methode, um künftige Liquiditätsströme abzubilden. Die Planung wird auf drei bis fünf Jahre erstellt, der Terminal Value (Endwert) auf Basis der ewigen Rente berechnet.
Vorteile
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Zukunftsorientiert und differenziert
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Internationale Akzeptanz bei Investoren
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Abbildbarkeit komplexer Geschäftsmodelle
Nachteile
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Hoher Planungsaufwand
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Anfällig für Fehleinschätzungen
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Starke Sensitivität gegenüber Zinsen und Wachstumsannahmen
3. Die Multiplikatormethode – pragmatisch und marktorientiert
Kurzbeschreibung
Bei der Multiplikatormethode wird der Unternehmenswert durch Multiplikation eines operativen Ergebnisses (z. B. EBITDA oder EBIT) mit einem branchenüblichen Multiplikator ermittelt. Dieser ergibt sich aus vergleichbaren Transaktionen (sogenannte Transaction Multiples) oder börsennotierten Unternehmen (Trading Multiples).
Für welche Geschäftsmodelle geeignet?
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Mittelständische Betriebe mit stabiler Ertragslage
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Dienstleistungsunternehmen mit überschaubarem Anlagevermögen
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Handwerksbetriebe oder KMU mit wiederkehrenden Erträgen
Beispiel
Ein Sanitärbetrieb mit einem EBITDA von 300.000 EUR wird in einer Branche bewertet, in der der typische Multiplikator bei 4,5 liegt. Daraus ergibt sich ein vorläufiger Unternehmenswert von 1.350.000 EUR.
Vorteile
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Schnell und einfach anwendbar
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Hohe Marktnähe durch Realtransaktionen
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Verständlich für Käufer und Verkäufer
Nachteile
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Kein direkter Bezug zu individuellen Geschäftsrisiken
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Multiplikatoren schwanken stark nach Marktphase
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Nicht geeignet für stark wachsende oder volatile Unternehmen
4. Substanzwertverfahren – konservativ, aber begrenzt
Kurzbeschreibung
Das Substanzwertverfahren bewertet ausschließlich das betriebsnotwendige Vermögen – also Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge, Vorräte usw. Der Wert ergibt sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich Abschreibungen. Immaterielle Werte (z. B. Kundenstamm, Marken, Know-how) werden meist nicht berücksichtigt.
Für welche Geschäftsmodelle geeignet?
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Kapitalintensive Betriebe (z. B. Bauunternehmen, produzierendes Gewerbe)
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Unternehmen in Restrukturierung
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Verkaufsfälle ohne Ertragswertpotenzial (z. B. Liquidation, Teilverkauf)
Beispiel
Ein metallverarbeitender Betrieb verfügt über Maschinen im Buchwert von 1 Mio. EUR, deren tatsächlicher Marktwert auf 1,3 Mio. EUR geschätzt wird. Hinzu kommen Lagerbestände von 500.000 EUR. Die Unternehmensbewertung basiert auf diesen Sachwerten – unabhängig von künftigen Gewinnen.
Vorteile
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Realistische Mindestbewertung bei unprofitablen Unternehmen
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Grundlage für Sicherheitenbewertung bei Banken
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Vermeidung spekulativer Zukunftsannahmen
Nachteile
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Keine Berücksichtigung des immateriellen Unternehmenswerts
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Für Ertragsunternehmen in der Regel zu niedrig
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Nicht geeignet zur Darstellung von Zukunftspotenzial
5. Fazit: Unternehmensbewertung ist keine Standardrechnung
Es gibt nicht die eine richtige Methode – sondern nur die passende Methode für das jeweilige Geschäftsmodell und den konkreten Transaktionsfall. Die Wahl des Verfahrens hängt unter anderem davon ab, ob Sie Ihre Firma verkaufen, eine Firmenübernahme vorbereiten oder eine Investition von Kapital planen.
Lassen Sie sich bei der Wahl des Bewertungsansatzes von spezialisierten M&A-Beratern, Steuerexperten und Unternehmensbewertern begleiten. Nur so wird die Unternehmensbewertung zur tragfähigen Entscheidungsgrundlage – für Verkäufer, Käufer und Kapitalgeber gleichermaßen.